Spieleentwicklung – Neues aus Asperia

Einige von euch erinnern sich an dieser Stelle sicherlich an den zweiteiligen Blogbeitrag zu Bonfire im letzten Jahr. Auch zur Veröffentlichung von Trees & Creatures haben wir das Team rund um das Expertenspiel wieder zusammengetrommelt und ihnen Fragen zur Entstehung der Erweiterung gestellt. Das Team, das sind Redakteur Ralph Bruhn, Illustrator Dennis Lohausen und natürlich Autor Stefan Feld. Neu dazugekommen ist Tim Schleimer als zweiter Autor und Ideengeber für das ein oder andere Element der Erweiterung. Aber fragen wir sie doch einfach selbst:

Tim, du bist ganz neu ins Team dazugestoßen, fangen wir also gleich mit dir an! :) Wie kam es überhaupt dazu, dass du als zweiter Autor an der Bonfire Erweiterung mitgearbeitet hast?

„Das lief hauptsächlich über Ralph. Wir haben uns während der Entwicklungsphase von Bonfire angefreundet. An einem Spieleabend habe ich ihn dann gefragt, ob denn schon eine Erweiterung geplant wäre – da Bonfire ja sehr gut ankam. Er war zwar nicht sofort Feuer und Flamme, war aber auch nicht ganz abgeneigt. :) Ein paar Tage später habe ich ihm dann ein paar Ideen vorgestellt und als Stefan auch Lust hatte, an der Erweiterung zu arbeiten war klar, dass wir das zusammen machen.“

Ralph, es hat also etwas Überzeugungsarbeit gekostet, bis die Erweiterung Realität wurde. Kannst du uns ein bisschen mehr darüber erzählen?

Skizze der Bäumlinge (Kreaturen)

„Tim wohnte bis zum Frühjahr dieses Jahres im gleichen Ort wie ich und wir haben uns zusammen mit unseren beiden Frauen sehr häufig zum Spielen getroffen. Das heißt also, schon beim Grundspiel haben er und seine Frau fleißig mitgetestet und er war maßgeblich an der Entwicklung der Soloversion beteiligt. Als sich dann abzeichnete, dass Bonfire sich sehr gut verkauft, hat Tim dann – wie er schon erzählt hat – an einem unserer Spielabende gefragt, ob ich an Ideen für eine Erweiterung interessiert wäre. Normalerweise sind Stefan und ich eher skeptisch gegenüber Erweiterungen. Aber Tim hat sich einige Dinge überlegt, die gleich sehr vielversprechend klangen – und dann haben wir Stefan mit dazu genommen und zusammen weiter getüftelt.“

Könnt ihr uns etwas mehr über die Zusammenarbeit erzählen?

Stefan: „Auch ich hatte Tim schon vor der Arbeit an Trees & Creatures kennen und schätzen gelernt als er netterweise andere Spiele von mir getestet hat. Und die Ideen, die er für eine Bonfire Erweiterung hatte, waren so toll, die durften nicht wieder in der Versenkung verschwinden! Also haben wir sie uns genauer angeschaut und uns schließlich dazu entschieden, sie als drei Module zu verpacken, die unabhängig voneinander oder auch alle zusammen ins Spiel gebracht werden können.“

Tim: „Tatsächlich war die Zusammenarbeit nicht signifikant anders als beim Grundspiel. Der Unterschied war lediglich, dass ich beim Grundspiel als Testspieler zu einem bereits existierenden Spiel dazugekommen bin, während wir bei der Erweiterung alle gleichzeitig gestartet sind. Wir waren alle immer im regelmäßigen Austausch und haben so viel wie möglich getestet. Ein weiterer Unterschied war vielleicht noch, wie wir getestet haben. Durch die Pandemie mussten wir fast ausschließlich mit Tabletopia testen. Da habe ich dann gleich noch einiges lernen können, wie man Prototypen auf Tabletopia erstellt.“

Ralph, als Redakteur und gleichzeitig Verlagsinhaber von H@ll Games warst du sowohl bei Bonfire als auch bei der Erweiterung für die redaktionelle Arbeit zuständig. Tim hat es schon angesprochen, gerade in Zeiten von Corona ist Testspielen natürlich schwierig. Kannst du uns erzählen, wie die redaktionelle Arbeit an der Erweiterung ablief und wie lange es gedauert hat, bis sie in ihrem finalen Zustand war?

„Zuerst haben wir zu dritt die Ideen zu ein paar Modulen gesammelt und relativ schnell unsere Favoriten gefunden. Tim und ich haben wegen der räumlichen Nähe dann den Großteil des gemeinsamen Testens und den Feinschliff übernehmen können. Der Test mit Stefan lief dabei ausschließlich über Tabletopia ab. Wie lange die Entwicklung gedauert hat? Von den ersten Ideen bis zum Abschluss des Feintunings sind so etwa zwei Monate vergangen. Klar, danach folgte dann noch die grafische Gestaltung, die Formulierung der Anleitung, die Einbindung der Lizenzpartner usw., aber die reine Entwicklung des Regelwerks ging zumindest für meine Verhältnisse ungewöhnlich schnell. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass wir an dem Grundspiel fast drei Jahre entwickelt haben … ;)“

Coverskizze

Apropos grafische Gestaltung! Dennis, du warst – genau wie beim Grundspiel – auch bei der Erweiterung wieder für die Illustrationen zuständig. Wie war es für dich, nach Asperia zurückzukehren?  Die Idee für die Welt stammt ja von dir, hattest du von Anfang an Ideen für weitere Elemente im Kopf?

Es hat mich sehr gefreut, dass das Grundspiel so gut angekommen ist, dass die Möglichkeit für eine (oder mehrere ;)) Erweiterungen gegeben war. Die thematische Arbeit an Bonfire war sehr intensiv, allerdings ging es dabei mehr um die Konstruktion der Welt Asperia und der Vorgeschichte, die die Grundlage für die Spielmechanismen ist. Die Urbäume und die Kreaturen waren daher nicht schon längst von mir (und Ralph) angedacht, sondern neue Elemente. Soweit ich mich erinnere, waren die Kreaturen im Prototyp-Stadium auch noch spezialisierte Gnome, also zum Beispiel ein Kapitän, ein Diplomat und so weiter. Wir hielten eine Umsetzung mit verschiedenen fantastischen Lebewesen aber für ansprechender und auch thematisch stimmiger. Im Grundspiel werden die Gnome ja bereits in Spezialisten und Älteste eingeteilt, da ist es sinnvoll, wenn ein neues Spielelement auch optisch und sprachlich neuartig umgesetzt wird, damit alles eindeutig bleibt.

Thematisch bot sich so ein schöner Ansatz, um die Welt von Bonfire um weitere Details zu erweitern, im Regelwerk finden sich zu den Kreaturen jeweils kleine Texte, die auch diesmal die Mechanismen thematisch einbetten. Die Urbäume fügen sich sowieso ganz natürlich in diese Welt ein, da brauchte es keine Anpassungen. Mir persönlich gefällt auch der kleine Text zum Material für eine fünfte Person sehr gut, denn er erklärt, warum das fünfte Gnomenvolk erst jetzt auftaucht.“

Du hast schon kurz angesprochen, dass das Grundspiel sehr gut bei der Fangemeinde angekommen ist. Habt ihr das Feedback genauer verfolgt?

Ralph: „Da die Spieletage im vergangenen Jahr nur online stattgefunden haben, war das mit dem direkten Feedback etwas schwierig, d. h., dass ich tatsächlich eher indirekt Meinungen zu dem Spiel mitbekommen habe. Insgesamt war und ist das Feedback aus meiner Sicht insgesamt sehr positiv. Das Thema selbst gab allerdings Anlass zu Diskussionen – manche fanden es wunderbar und fantasievoll, andere konnten gar nichts damit anfangen. Aber damit hatte ich gerechnet – schon allein, weil bei vielen Stefan-Feld-Fans das Thema auch gar nicht so im Vordergrund steht. Aber selbst die, die sich mit dem Thema nicht so recht anfreunden konnten, haben das Artwork von Dennis gelobt, da hat er wirklich tolle Arbeit geleistet!“

Dennis: „Ich folge bei meinen aktuellen Projekten immer die Bewertungen und Meinungen in diversen Foren, wie HALL9000 und BoardGameGeek, auch wenn ich mich selbst nicht in Foren äußere. Bei Bonfire hat es gerade zu Anfang extrem viel positives Feedback gegeben, was gut ist, denn leider geben die ersten Meinungen im Internet gern mal die weitere Richtung der Kommentare vor, egal ob sie gerechtfertigt sind, oder nicht.

Was das Thema angeht, da gebe ich Ralph recht, war das Feedback gespalten, aber das war zu erwarten. Ich persönlich freue mich über diejenigen Spielenden, die das Angebot, das wir mit der Vorgeschichte gemacht haben, positiv aufgenommen und das auch so kommuniziert haben. [Anm.d.Red. Die ganze Vorgeschichte erhaltet ihr übrigens als gedruckte Broschüren bei Messen etc. oder aber digital.]

Im Gedächtnis ist mir besonders ein Kommentar geblieben, in dem Gnome im allgemeinen als blödeste Fantasiefiguren überhaupt bezeichnet wurden. Ganz unabhängig von Bonfire finde ich Gnome großartig und bin stolz (mit einem Augenzwinkern), dass wir mit Bonfire einen Beitrag zur Rehabilitierung dieser Underdogs geleistet haben! :) Die Frage, ob und wann ein Brettspiel thematisch ist und wann nicht, wäre eine eigene Diskussion wert. Ralph und ich haben darüber schon stundenlang gesprochen.“

Früher Coverentwurf

Dennis, lass uns nochmal etwas über die Welt von Bonfire sprechen. In unserem ersten Interview hattest du schon erzählt, dass bei Bonfire die Themenentwicklung für dich im Vordergrund stand. Das klingt sehr spannend aber auch nach sehr viel Arbeit. Macht dir die Arbeit an solchen Spielen besonders viel Spaß oder bist du froh, wenn du schon konkrete Ideen bekommst, die du dann umsetzen kannst?

„Nein, ich finde es toll, dass ich inzwischen so viel ‚Mitspracherecht‘ bei der Gestaltung meiner Aufträge habe. Bonfire ist da nicht das einzige Spiel, wenn es auch das einzige ist, bei dem wir die thematische Arbeit so stark herausgestellt haben. Im Lauf der letzten Jahre hat es sich ergeben, dass ich häufiger Vorschläge und Empfehlungen zu den thematischen Aspekten meiner Projekte gebe. Das kann manchmal das komplette Thema des Spiels betreffen, manchmal verschiedene Details des Spielmaterials. Bei den Spielen Raccoon Robbers und First Rat, die demnächst auch bei Pegasus erscheinen, durfte ich mich auch recht stark in die thematische Ausrichtung einbringen.

Auf der anderen Seite ist es aber auch immer wichtig, dass von Seiten des Verlags bzw. der Redaktion ganz klar die spielerischen Anforderungen im Auge behalten werden und eine klare Richtung verfolgt wird. Spielentwicklung ist in allen Aspekten eine intensive Teamarbeit, zumindest ist das meine Erfahrung.“

Und wie lange hast du an den Illustrationen für die Bonfire Erweiterung gearbeitet? Gab es besondere Herausforderungen?

„Die komplette Arbeit an der Erweiterung dürften so etwa drei Monate gewesen sein, wobei ich nicht genau sagen kann, wie viele Stunden ich nur an Bonfire gearbeitet habe, da ich immer mehrere Projekte gleichzeitig auf dem Schirm habe. Im Ganzen war es aber diesmal ein recht entspanntes Arbeiten, da die schwierigen Herausforderungen schon mit dem Grundspiel gelöst wurden. Auf der Symbolebene war zum großen Teil schon alles vorhanden und die ‚Grammatik‘ festgelegt, so dass wir hier nur wenige Fälle hatten, bei denen wir intensiver über die Umsetzung nachgrübeln mussten.

Bei den Illustrationen hat alles viel Spaß gemacht, denn bei den Kreaturen hatte ich komplett freie Hand und Ralph hat mir alle Entwürfe mit Begeisterung ‚erlaubt‘. :) Die Covergestaltung war auch schnell klar, denn hier wird auch das Erscheinungsbild des Grundspiels aufgenommen und variiert. Ein bisschen tricky war das Ablagetableau für die Urbäume, damit es sich nahtlos an den Spielplan anpasst; aber ich glaube das hat ganz gut funktioniert.“

Apropos Urbäume, kommen wir nochmal auf das Spiel selbst zurück. Worauf dürfen sich die Spielenden mit der Erweiterung freuen?

Ralph: „Wir haben uns drei Module ausgedacht, die für mehr Abwechslung sorgen, aber den Charakter des Grundspiels selbst kaum verändern. Das größte Modul sind die Bäume, die bei den Prozessionen der Hüterinnen entlang des Weges wieder erblühen und die Spielenden mit attraktiven Funktionen unterstützen. Das zweite Modul, die von Dennis wunderbar erdachten und gestalteten Kreaturen, geben den Spielenden unterschiedliche Fähigkeiten mit auf den Weg. Und als letztes kleines Modul lösen die Schicksalsplättchen des Startspielenden positive Ereignisse für alle aus, die man möglichst geschickt in die eigenen Pläne einbauen sollte.
Zusätzlich zu den drei Modulen haben wir Spielmaterial für eine fünfte Person beigelegt.“

 Skizze der Funkenkäfer (Kreaturen)

Stefan: „Die Kreaturen bringen asymmetrische Aspekte ins Spiel, denn am Beginn einer Partie suchen sich alle einen Begleiter aus, der bzw. dessen Spezialfähigkeit ihnen für die restliche Partie zur Seite steht. Die Urbäume eröffnen dagegen einen ganz neuen Strategiezweig. Sie können immer dann an das eigene Tableau angebaut werden, wenn die Hüterinnen voranschreiten. Jeder Baum hat eine nützliche Fähigkeit und ist außerdem am Spielende Punkte wert. Aber natürlich müssen erstmal Ressourcen abgegeben werden, um einen Baum zu bekommen. Man sollte also gut vorplanen, damit man diese auch hat, wenn man sie braucht. Mit dem dritten Modul kommen mehrfach während des Spielens Ereignisse dazu, die für alle Spielenden gelten und die immer auf eine bestimmte Art hilfreich sind.“

Und last but not least, bevor wir euch da draußen endlich an den Spieltisch entlassen, Wer sollte sich die Erweiterung unbedingt anschauen?

Tim: „Alle natürlich!  ;) Die Erweiterung ist so gestaltet, dass für alle etwas dabei ist. Jedes Modul bringt eine Neuerung, aber gerade die Ereignisse können wunderbar mit Neulingen gespielt werden. Sie machen das Spiel sogar einfacher. Während die Bäume für Bonfire Kenner etwas mehr Komplexität ins Spiel bringen. Fans der asymmetrischen Startbedingungen werden mit den Kreaturen ihre Freude haben. Und für die etwas größeren Gruppen ist jetzt auch ein fünfter Spieler dabei.“

Vielen Dank an euch vier für diese ausführlichen Antworten und die spannenden Einblicke in die Arbeit an Bonfire: Trees & Creatures!

Bild im Anhang: Skizzen der Ereigniskarten

 

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