Prolog – Vienna Connection, 4.-7. Januar 1977

Vor wenigen Tagen ist Vienna Connection bei uns erschienen. Das Spiel unseres Partners Portal Games (ihr wollt mehr über Portal Games wissen? www.pegasus.de/news/pegasus-spiele-blog/unsere-partnerverlage-portal-games) basiert auf dem Mechanismus von Detective – Eine Krimi-Brettspiel, erzählt euch aber eine ganz neue Geschichte. In vier Missionen werdet ihr direkt in den Kalten Krieg versetzt: Im Januar 1977 wird die brutal verstümmelte Leiche eines Amerikaners gefunden. Bei der Untersuchung entdeckt die österreichische Bundespolizei eine Codekarte. 2. Februar 1977. Ein Team von CIA-Agent:innen trifft auf dem Flughafen Wien-Schwechat ein. Die Mission „Weiße Biene“ beginnt. Eure Aufgabe ist es, dieses Team von CIA-Agent:innen zu leiten und in dem Mordfall zu ermitteln. Dazu bewegt ihr euch ausgehen von Wien durch ganz Europa, immer auf der Suche nach Spuren und Hinweisen.

Wenn ihr euch noch nicht sicher seid, ob euch das Thema interessiert, oder für noch mehr Vorfreude auf eure Mission, hat unser Partner Portal Games einen Prolog für euch vorbereitet. Er führt euch in die Atmosphäre ein und macht Vorfreude auf das Spielgeschehen und die Geschichte, die euch bei Vienna Connection erwartet.

Bitte beachtet, dass Vienna Connection erst ab 16 Jahren empfohlen wird. Dementsprechend richtet sich auch der Prolog an Jugendliche ab diesem Alter und Erwachsene. Der erste Teil (Anton Korolkov) enthält außerdem eine Passage in der es um (sexualisierte) Gewalt geht. Bitte lest diesen Teil nicht, wenn ihr euch damit nicht wohlfühlt.

Anton Korolkov, 4. Januar 1977, Innsbruck:

Der Wagen, der den General der UdSSR-Luftwaffe Anton Korolkov chauffierte, hielt vor dem Haupttor des Friedhofs Innsbruck-Amras. „Sie sollten im Auto bleiben, Sergeant“, befahl Korolkov seinem Fahrer und stieg mit einem großen, mit goldenen Bändern geschmückten Kranz in den Händen aus. Draußen war es angenehm mild. Die Schneedecken auf den Bäumen und Sträuchern rund um den Friedhof glitzerten in der Sonne.  Weit und breit war niemand sonst zu sehen. „Wahrscheinlich warten alle auf den Beginn des heutigen Skispringens der Vierschanzentournee“, dachte er.

Am anderen Ende des Parkplatzes entdeckte er einen schwarzen Opel, der offensichtlich den Freunden aus der Botschaft gehörte. Dahinter stand ein österreichisches Polizeiauto – ebenfalls undercover. Korolkov lächelte.

Er betrat den Friedhof und ging direkt zu den Gräbern der gefallenen sowjetischen Soldaten. Er kam hierher wann immer er konnte. Er salutierte vor dem Denkmal mit dem fünfzackigen Stern und bog dann in einen Seitenweg ab. An einem der Gräber dort blieb er stehen und begann, die Steintafel vom Schnee zu befreien. Darunter kam, geschrieben in kyrillischer Schrift, zum Vorschein: Anton Szauszkin, Held der Sowjetunion. Gestorben für die Freiheit seines Vaterlandes. Der General legte den Kranz nieder und rückte die Schleife zurecht.

„Hallo mein Freund, ich bin gekommen, um um Vergebung zu bitten.“ Korolkov ging in die Hocke und senkte den Kopf. „Was ich deinem Sohn angetan habe war schrecklich. Er ist ein guter Junge, du wärst stolz auf ihn. Genau wie ich. Aber ich musste es tun, ich hatte keine andere Wahl, verstehst du? Ich werde es dir bald erklären und hoffe, du wirst verstehen, warum ich ihn in den Tod geschickt habe. Es gab keinen anderen Weg, Anton. Ich schwöre es dir. Genau wie bei diesem Mistkerl von SMERSH. Wir haben getan, was getan werden musste.“

Die Erinnerungen kehrten zurück. Die weit aufgerissenen Augen eines vergewaltigten österreichischen Mädchens. Wie alt war sie? 14? Das Lachen eines NKVG-Hauptmanns als er seine Hose zuknöpfte. Schnelle Schritte hinter ihm und Szauszkin, der eine Axt schwang. Es war eines dieser Dörfer. Ihre Einheit besetzte ein paar Hütten. Es war kalt und sie waren hungrig, es war eine eisige Hölle. Sie waren gerade dabei, Holz zu hacken. Korolkov erinnerte sich an die Schreie, das Blut, das auf sein Gesicht spritzte. Die Schreie verstummen, aber Anton traktierte den Scheißkerl immer noch. Sie hatten ihn nachts begraben.

Korolkov hörte das Knirschen des Schnees hinter sich. Schritte. Ein Geist? Er spürte einen Anflug von Angst und drehte sich um. Vor ihm stand ein sehr großer, junger Mann mit einem Kurzhaarschnitt. Ein Soldat offensichtlich. Er verbarg die Hände in den Taschen einer grünen Militärjacke. Hatte er eine Waffe? Die Verwirrung auf dem Gesicht des Burschen war amüsant zu betrachten. Sicherlich hatte er nicht damit gerechnet, hier einen sowjetischen General zu treffen.

„Es tut mir leid, Sir“, stotterte er auf Deutsch. „Wissen Sie zufällig, wo ich die anderen Soldaten finden kann? Amerikanische Soldaten? Ich suche nach jemandem, aber ich kann ihn nicht finden, habe aber gelesen, dass er hier irgendwo begraben liegt.“ „Ihr Großvater?“, frage Korolkov, ebenfalls auf Deutsch. Er zuckte zusammen. Er hatte noch nie ein Talent für Sprachen gehabt und Deutsch hasste er. Seine Kenntnis dieser Sprache hatten sich vor allem auf ‚Hände hoch‘ beschränkt. „Nein, es ist kompliziert. Der Mann meiner Mutter sozusagen. Er wurde nach dem Krieg hier begraben“, antwortete der Soldat. Das war seltsam. Beunruhigend. Wollten sie Kontakt aufnehmen? Wollten sie ihn reinlegen? Er musste ruhig bleiben. Er erhob seine Hand. „Frag dort, mein Sohn. Rotes Haus. Der Hausmeister wohnt dort.“ „Danke, Sir“. Der Bursche wollte salutieren, aber er unterließ die Geste auf halbem Weg, drehte sich auf dem Absatz um und ging weg. Auf seinem Weg blieb er immer wieder bei anderen Gräbern stehen und prüfte deren Inschriften.

Korolkov beobachtete ihn noch einen Moment lang, aber ging dann zurück zum Auto und fuhr Richtung Wien und gen Osten.

 

James Werner, 5. Januar 1977, Faslane, Schottland:

Vor dem Fenster des Büros des Chefs der Navy Basis HMNB Clyde tobten Schnee und eisiger Wind und verdeckten den Blick auf einen riesigen Kran im Hafen, einen Hangar und die U-Boote, die unter einer Tarnplane in der Bucht schwammen. Im marineblauen Anzug hielt Werner eine Tasse mit heißem Tee in der Hand und beobachtete die Matrosen, die an der Anlegestelle umherliefen. John Boyd, der Hafenchef, stand neben ihm in Arbeitshose und kariertem Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln.

„Wie lange bleibst du bei uns, James?“ frage er. Werner drehte sich um und lächelte den großen Schotten an. Boyd war überdurchschnittlich gutaussehend. Ein bisschen übergewichtig, aber mit deutlich sichtbaren Muskeln. James mochte gut gebaute Männer wie ihn. Dünne Jungs mit weichen, schwachen Händen verwirrten ihn. Er bedauerte nur, dass die Natur ihn nicht mit solchen Eigenschaften beschenkt hatte. Er hielt sich selbst nicht für besonders gutaussehend.

„Wollen Sie mir Haggis zum Abendessen anbieten? Ich habe es einmal probiert. Ihre Mary ist eine großartige Köchin, aber es gibt für alles Grenzen.“ Boyd lachte und klopfte Werner auf die Schulter. „Kommen Sie, ich gebe einen Whiskey aus. Ich möchte Sie nicht unter Druck setzen, aber wissen Sie, es ist eine Art Tradition. Kommen Sie heute Abend vorbei. Mary würde es mir nicht verzeihen, wenn ich sie nicht mitbringen würde. Und es gibt bestimmt etwas Besseres zu essen als diese gebratenen Nieren, die Commander Patricks Frau macht.“

„Gott, hab Erbarmen. Ich brauche Urlaub.“ „Wohin dieses Mal?“. Boyd nahm einen Schluck Tee. „Österreich. Vielleicht könnte ich endlich mal Skifahren gehen. Und ich werde ein paar Tage in Wien sein, ich könnte in die Oper gehen.“ Der Schotte zuckte zusammen. „Was ist los, John? Magst du etwas keine Opern?“ frage James mit gespielter Überraschung. „Nein nein, natürlich mag ich Opern. Sie erinnern mich an einen Sommer beim Schafe hüten.“ James lachte und genau in diesem Moment betrat Commander Patrick, der Chef der Basis, den Raum – purpurrot vor Wut.

„Zu viele Idioten in dieser Welt. Oder die Sowjets werfen sie mit Fallschirmen über uns ab“, sagt er zu sich selbst und schloss die Tür. Er sah Werner an, räusperte sich und sagte: „Das war natürlich nicht an Sie gerichtet, Herr Werner. Ich freue mich, dass Sie endlich zu uns gestoßen sind.“ Patrick setze sich in einen Sessel und begann, unter den Stapeln von Dokumenten auf dem Schreibtisch nach Zigaretten zu suchen. Er zündete sich eine an, zog daran, atmete den Rauch durch die Nase aus und lehnte sich zurück.

„Können Sie mir jetzt erklären, was zum Teufel Ihre Firma treibt und warum die Lager für Mistral und Titan noch nicht geliefert wurden? Der Admiral will mir den Kopf deswegen abreißen.“ Werner stellte seine Tasse auf dem Tischchen ab und nahm Platz. „Nun, Sie, es gibt da ein kleines Problem …“.

 

Hans Duchker, 7. Januar 1977, Köln:

Das Treffen sollte im Sirene stattfinden, einer kleinen Bar in der Nähe der Universität. Der Ort war schäbig, mit schmutzigen Wänden und jahrzehntealten Filmplakaten, die inzwischen vom Zigarettenrauch vergilbt waren. Aus der Küche drang ein unangenehmer Geruch von gedünstetem Kraut. Trotzdem war die Bar beliebt, vor allem bei Soziologie- und Philosophiestudenten. Man konnte frei reden, Karten spielen und sogar seinen eigenen Alkohol mitbringen. Es gab nur ein Fenster zur Straße und eine Tür, die im Winter mit einem Vorhang verschlossen war.

Hans saß am fünften Tisch, neben den Toiletten, und blätterte in einer Zeitung durch die Sportnachrichten. Sein halbleerer kalter Kaffee stand auf einer fleckigen braunen Tischdecke. Er zündete sich noch eine Zigarette an. Sein Kontakt war spät dran. „Hans? Schön, dich zu sehen“, hörte er plötzlich die Stimme eines Mannes mit leichtem französischem Akzent. „Ich bin der Freund von Klaus.“ „Sie sind Pierre?“ Er stand auf uns schüttelte dem Fremden die Hand. „Bitte, setzen Sie sich.“ „Entschuldigen Sie, dass Sie warten mussten. Ich musste durch die Rotunde in der Nähe des Denkmals gehen.“ Da war das Passwort gefallen. Jetzt konnten sie reden…

 

Das war´s schon? Worüber reden Hans Duchker und der mysteriöse Femde denn nun? Wie es in Köln 1977 und in den Tagen danach weitergeht, das erfahrt ihr im zweiten Teil des Prologs.

 

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