Hintergründe – Carnegie: Die historische Person hinter dem Expertenspiel

Carnegie Hall ist ein weltweit berühmtes Konzerthaus in Manhattan, New York, von dem ihr sicher auch schon einmal gehört oder es sogar selbst besucht habt. Doch habt ihr euch auch schon mal gefragt, wer eigentlich Carnegie ist? Falls nein, dann wird es spätestens jetzt Zeit dafür, denn vor Kurzem ist unser neuestes Expertenspiel erschienen, das genau so heißt: Carnegie.

Andrew Carnegie war gebürtiger Schotte und ist mit 12 Jahren zusammen mit seiner Familie in die USA ausgewandert, wo er bis zu seinem Tod lebte. Im Laufe seines langen Lebens lebte er den American Dream: Geboren als Sohn eines Webers und der Tochter eines Schuhmachers und Gerbers, arbeitete er sich hoch bis zu einem der reichsten Menschen weltweit. Doch er nutzte das Geld nicht nur für ein privilegiertes Leben, sondern spendete mehrere Milliarden US-Dollar für wohltätige Zwecke. Daher tragen noch heute viele öffentliche Gebäude in den USA seinen Namen und fast jede*r in den USA kennt die Geschichte des Stahlmagnaten und Philanthropen. Natürlich ist sein Name aber auch in Europa nicht unbekannt und so inspirierte seine Lebensgeschichte Xavier Georges, der in Belgien lebt, zum gleichnamigen Spiel.  

Auch wenn die Spielmechanismen natürlich nur lose auf dem Leben Carnegies basieren, erhaltet ihr bei einer Partie dennoch zahlreiche Einblicke in seine Lebenswelt. So baut ihr im Spiel nicht nur euer eigenes Unternehmen auf und aus, sondern ihr solltet eingenommenes Geld und euren Einfluss auch für wohltätige Zwecke ausgeben bzw. einsetzen.

Aber lasst uns von vorne beginnen: Eine Partie Carnegie spielt ihr über 20 Runden. Man könnte also sagen, jede Runde sind etwas über vier Lebensjahre Carnegies. Natürlich funktioniert eine solche Rechnung nicht 1:1, denn der Spielablauf setzt etwa 1865 ein, in dem Jahr in dem der damals 30-jährige Andrew die Eisenbahngesellschaft, bei der er bis dato gearbeitet hatte, verließ und sein eigenes Unternehmen gründete. Zu sagen, dass Carnegie damals mit nichts startete, wäre sicherlich falsch, hatte er doch zuvor die Western Division der Pennsylvania Railroad geleitet und war davor die rechte Hand des stellvertretenden Kriegsministers Thomas A. Scott gewesen. Aber auch ihr beginnt nicht bei 0, oh nein, ihr erhaltet $12 und vier Warenwürfel. Erfolg muss man sich schließlich verdienen! Oder wie Carnegie sagte: „Du kannst niemanden die Leiter hoch ziehen, der nicht bereit ist zu klettern.“ Und so hat euer Unternehmen anfangs immerhin schon fünf Startabteilungen aus den Bereichen Personal, Verwaltung, Konstruktion und Forschung & Entwicklung.

Nun ist es an euch, euer Unternehmen aufzubauen, in Forschung & Entwicklung zu investieren, neue Abteilungen zu eröffnen, neue Mitarbeitende einzustellen und diese überall in die USA zu entsenden, um vor Ort Bauprojekte zu realisieren oder neue Kontakte zu knüpfen. Und so seid ihr im ersten Drittel des Spiels vor allem damit beschäftigt, euer Unternehmen zu entwickeln und den Motor zum Laufen zu bringen.

Im zweiten Drittel des Spiels läuft dann alles leichter. Euer Unternehmen konnte durch geschickte Investitionen in Immobilien, Güterproduktion, die Entwicklung von Transporttechnologien und den Ausbau von Verkehrsnetzen quer durch die USA expandieren. Am Ende dieser Phase seid ihr am Gipfel eures Erfolges angekommen, das Geld fließt und euer Investmentpotential ist immens. In Carnegies Leben entspricht das ungefähr der Zeit um 1885. In den frühen 1870er Jahren hatte er bereits angefangen, in Stahl zu investieren, nachdem er erkannte, dass dieser Eisen über kurz oder lang in den Schatten stellen würde. 1889 fusionierte Carnegie Brothers & Company, Ltd. mit der Koksfabrik von Henry Clay Frick. Im Jahr 1892 wurde die Carnegie Steel Company gegründet - zu diesem Zeitpunkt das größte Stahlunternehmen der Welt.

1889 veröffentlichte Carnegie sein Buch „Das Evangelium des Reichtums“. Darin finden sich zahlreiche noch heute oft zitierte Thesen, die seine Einstellung gegenüber seinem immensen Reichtum beschrieben. Er schrieb z.B. „Der Mann, der reich stirbt, stirbt in Schande.“ Gesagt getan, in den darauffolgenden Jahrzehnten gründete er über 20 Stiftungen und spendete Millionen US-Dollar für wohltätige Zwecke. Und auch ihr solltet euch bei einer Partie Carnegie im letzten Drittel eurer Partie vor allem darauf konzentrieren, euer Geld zu spenden, denn überschüssiges Geld bringt am Spielende – gemäß der Überzeugung Carnegies – keine Siegpunkte. Nur wenn ihr euer Spielvermögen sinnvoll einsetzt, könnt ihr das Spiel gewinnen. Das entspricht übrigens genau dem Diktum Carnegies, nach dem man das erste Drittel des Lebens darauf verwenden sollte, so viel Bildung wie möglich zu erhalten, um danach – im zweiten Drittel – so viel Geld wie möglich zu verdienen, um dieses schließlich im letzten Drittel für wohltätige Zwecke auszugeben.

Im Spiel habt ihr vier Spenden-Optionen, in die ihr euer Geld investieren könnt – Bildung, Menschenrechte, Gemeinwohl und Gesundheit. Insgesamt acht Runden gibt es – vier im Laufe des Spiels, vier kurz vor Ende – in denen ihr spenden könnt, also entscheidet weise, wie und wann ihr euer Vermögen einsetzt. Carnegie selbst investierte in unterschiedlichste Projekte. Im Bereich Bildung und Gemeinwohl stiftete er z.B. über 2.000 öffentliche Bibliotheken weltweit – jede*r sollte seiner Überzeugung nach freien Zugang zu Bildung bekommen. Außerdem richtete er einen Lehrerfonds ein sowie einen Hero Trust Fund, der besonders selbstlos handelnde Menschen auszeichnen und diese bzw. ggf. deren Angehörige finanziell unterstützen sollte. Inspiriert dazu wurde er übrigens durch zwei Männer, die bei einem Minenunglück 1904 viele Verschüttete retteten bevor sie dann mit rund 180 anderen Männern starben. Aber auch in den Bereichen Menschenrechte und Gesundheit setzte Carnegie sein Vermögen ein. So gründete er die Stiftung für internationalen Frieden und finanzierte wesentlich den Den Haager Friedenspalast mit, in dem heute der Internationale Gerichtshof ansässig ist. Außerdem spendete er Millionen für die Wissenschaft, wodurch u.a. die Carnegie Institution of Washington entstand, an der nicht zuletzt die Einteilung der menschlichen Embryonalentwicklung in 23 Stadien erforscht wurde, die sogenannten Carnegie-Stadien.

Eines seiner Zitate, das aus einer Rede vor dem Kongress wenige Jahre vor seinem Tod stammt, beschreibt ihn wohl besonders gut: „Meine Aufgabe ist es, so viel Gutes in der Welt zu tun, wie ich kann; von allen anderen Geschäften habe ich mich zurückgezogen.“ Und so verbrachte Carnegie den Rest seines Lebens, nachdem er sich 1901 endgültig zur Ruhe gesetzt und sein Unternehmen an den Bankier J.P. Morgan verkauft hatte, damit, sein Vermögen für wohltätige Zwecke einzusetzen. 1919 starb Andrew Carnegie mit 83 Jahren, aber nicht ohne die Carnegie Corporation of New York zu gründen, in die der Großteil seines verbliebenen Vermögens floss und die sich bis heute auf der ganzen Welt für Frieden, Demokratie und Bildung einsetzt.

Doch auch wenn Carnegie sicherlich einer der größten Philanthropen des 20. Jahrhunderts war, gibt es auch Kontroversen um seine Person. Vor allem wegen zwei Vorfällen Ende der 1880er- und Anfang der 1890er-Jahre steht er bis heute in der Kritik: 1889 brach der Damm eines Stausees an dem der exklusive South Fork Fishing and Hunting Club eröffnet worden war, in dem Carnegie ebenso Mitglied war wie rund 60 weitere führende Wirtschaftsmagnaten. Bereits zuvor gab es immer wieder Lecks, die nur notdürftig mit Schlamm und Stroh geflickt wurden. Nach heftigen Regenfällen brach der Damm schließlich und 20 Millionen Tonnen Wasser überschwemmten die Stadt Johnstown. Über 2.000 Menschen starben. Keines der Mitglieder des Clubs erkannte die Schuld an und alle Klagen wurden schließlich abgewehrt. Carnegie stiftete im Nachhinein eine neue Bibliothek in Johnstown. Außerdem kam es 1892 zu einem blutigen Arbeiteraufstand im Hauptwerk der Carnegie Steel Company. Als Carnegies Geschäftspartner Henry Clay Frick schließlich Streikbrecher in das Werk bringen ließ, eskalierte der Streit. Zehn Menschen starben und viele mehr wurden schwer verletzt. Schließlich verhängte der Gouverneur sogar das Kriegsrecht über der Stadt. Der Streik ging als einer der schwersten und blutigsten in die US-Geschichte ein.

Auch wenn Carnegie einige Parallelen zu seinem historischen Namenspatron aufweist, ist es dennoch ein Spiel und keine historische Simulation. Autor Xavier schreibt dazu: „Aus diesem Grund habe ich etwa den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen nicht betrachtet und mich vornehmlich mit den positiven Aspekten seines Lebens beschäftigt. Ich hoffe, dass dir das Spiel so gefällt, wie ich es entworfen habe.“ Dem haben wir nichts mehr hinzuzufügen. Wir wünschen euch viel Spaß beim Spielen!

 

Ihr habt Fragen, Anmerkungen oder Anregungen? Wir freuen uns auf eure Kommentare zum aktuellen Blogbeitrag im Forum oder eure Mail an blog@pegasus.de.


Passende Artikel