Spieleentwicklung – Die Reise von My Farm Shop

Noch diesen Monat erscheint unser neues Familienspiel My Farm Shop von Autor Rüdiger Dorn, der mit Istanbul 2014 das Kennerspiel des Jahres gewinnen konnte. Redakteur Stefan, der das Spiel bei uns hausintern redaktionell begleitet hat, berichtet über den Weg vom Prototypen zum fertigen Spiel:

„Viele Spiele legen eine lange Reise zurück bis sie bei uns oder anderen Spieleverlagen erscheinen. So auch My Farm Shop: Dabei ist es geografisch gesehen gar nicht weit vom Wohnort des Autors in Bayern nach Friedberg zu Pegasus. Zeitlich wird schon eher ein Schuh daraus, schließlich haben wir den Prototyp zum ersten Mal bereits 2016 gesehen als Rüdiger Dorn uns gleich mehrere vielversprechende Prototypen zeigte. Aber hier möchte ich über die thematische Reise sprechen, denn vom Zweistromland (auch Mesopotamien genannt) in Vorderasien zu einem kleinen Bio-Bauernhof mit Hofladen ist es ebenfalls ein langer Weg…

Der Prototyp beinhaltete von Beginn an Elemente, die uns begeisterten: Alle Spieler sind in jedem Zug beteiligt, das Spiel belohnt die Spieler indem die Waren und Gebäude im Laufe des Spiels immer besser werden, es gibt unterschiedliche Optionen, Taktiken und Strategien. Aber was hat das mit dem Zweistromland zu tun? Genau genommen: Nichts. Aber das ist für einen Prototypen nicht ungewöhnlich, denn im ersten Schritt geht es eigentlich nur darum, Mechanismen aufzuzeigen und ein Thema oder Setting zu wählen, das die Mechanismen unterstützt.

In diesem ersten Prototypen gab es Bodenschätze, die abgebaut wurden; es gab Märkte, auf denen gehandelt wurde. Theoretisch funktionierte das Thema also, jeder hatte es „schon mal gehört“, niemanden störte es. Aber mal ehrlich: Wann wolltet ihr unbedingt mal mehr zu Mesopotamien erfahren? Dabei gibt es darüber so viel Wissenswertes zu lernen: Dort wurden womöglich das Rad und die Schrift erfunden, zum ersten Mal Bier gebraut – aber ich schweife ab. Das Thema ist interessant, aber für dieses Spiel nicht ideal, denn die Mechanismen wiesen schon damals klar auf ein Familienspiel hin.

Auf den Kern reduziert ging es beim Spiel von Anfang an darum, Waren zu erwirtschaften und zu verkaufen. Da lag das Thema „Bauernhof“ nicht fern. Aber, eine romantische Vorstellung vom Landleben ist oft längst passé: Harte Arbeit, geringe Erträge beim Verkauf der Produkte an Konzerne, Automatisierung – das ist der Alltag der heutigen Landwirtschaft. Wie schön wäre es da, hätten wir unseren eigenen kleinen, beschaulichen Bauernhof mit Hühnern, Schafen, Kühen. Natürlich alles rein biologisch. Und verkaufen können wir unsere Produkte über unseren eigenen kleinen Hofladen oder den Wochenmarkt. Fleisch gibt es nicht, denn unsere Tiere werden nicht geschlachtet, schließlich sollen sie ja weiterhin für uns Waren produzieren.

Auf dieses Thema konnten wir uns schnell einigen. Das passt auch zu einem Spiel bei dem auch Kinder mitspielen können. Auch der Autor hatte nichts dagegen: Rüdiger ist ein echter Spiele-Profi und weiß, dass sich vom Prototyp zum fertigen Spiel meist noch sehr viel ändert. Jetzt mussten wir aber noch einen Titel für das Spiel finden. Aber am besten gleich einen international verständlichen – also englisch. „Mein kleiner Hofladen“, da zucken Spieler aus den USA oder Großbritannien doch aus Unverständnis nur mit den Schultern. Aber My Farm Shop – das funktionierte!

Thema und Titel waren also gefunden. Jetzt fehlten nur noch die Illustrationen und die finalen Mechanismen. Die Grafik sollte auf jeden Fall modern aussehen, denn als Vorbild hatten wir einen kleinen Bio-Bauernhof im Sinn, der aktuell so irgendwo existieren könnte. Schnell haben wir uns dann auf das Team um Christian Fiore geeinigt. Nicht nur weil wir sehr gerne mit der Fiore GmbH zusammenarbeiten, sondern auch Rüdiger Dorn hat schon viele gute Erfahrungen mit dem Team gemacht. Inzwischen arbeiteten wir weiter daran, die Mechanismen und Regeln so zu gestalten, dass alles für die Zielgruppe – Familien, aber auch Gruppen, die Spaß an einem schnellen Spiel mit einfachen Regeln haben – passt. Lange Diskussionen (nicht unüblich für die redaktionelle Arbeit an einem Spiel) begleiteten diesen Prozess: Wir haben jedes Detail hinterfragt und dann gegebenenfalls geändert, verworfen oder neu hinzugefügt. Ganze Blöcke von Regeln für Module wurden neu entwickelt und wieder verworfen. Wie bei der Themensuche bewegten wir uns auf einer langen Reise über Hunderte von Kilometern und Tausenden von Jahren: Vom „Zweistromland“ (wie der Prototyp hieß) zu einem kleinen Hofladen auf einem Bauernhof in der heutigen Zeit. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir – am Ziel angekommen – so gut gefahren sind, dass nun alles passt und ihr beim Spielen Thema und Mechanismen intuitiv verbinden könnt. Denn, wie bei jedem unserer Spiele, war das Ziel, das Spiel so einzukleiden, dass es passt wie ein Maßanzug. Also viel Spaß mit My Farm Shop.“

Wer von euch jetzt schon Lust hat, My Farm Shop anzuspielen, der kann das ganz einfach und kostenlos über die digitale Spieleplattform Tabletopia tun. Übrigens, in unserer Spieleausleihe findet ihr neben My Farm Shop auch jede Menge weitere Titel zum Testen aus unserem Verlagsprogramm. Um euer Spiel noch etwas aufzuhübschen gibt es bei teilnehmenden stationären Fachhändlern zu jedem Exemplar My Farm Shop der ersten Auflage ein Promo-Tableau dazu – den Markt (nur solange der Vorrat reicht). Das Besondere daran – dieses Tableau könnt ihr nicht nur für My Farm Shop, sondern auch für unser kooperatives Küchen-Echtzeitspiel Kitchen Rush nutzen. Um mehr über Kitchen Rush zu erfahren, schaut euch jetzt unser Interview mit Redakteur Sebastian an.

 

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