Eurogames vs. Ameristyle – Zwei Brettspielgenres im Fokus

 

„Ich würde das Spiel eher als Ameristyle einstufen.“, „Das ist ein typisches Eurogame.“ … bestimmt habt ihr solche oder ähnliche Sätze schon in Brettspielforen gelesen oder am Spieltisch gehört. Klar, so eine ungefähre Vorstellung davon, was „typisch amerikanische“ oder „typisch europäische“ Spiele machen, haben wohl die meisten Brettspielfans. Aber wir haben uns beide Genres mal ganz genau angeschaut und versucht, die charakteristischsten Merkmale für euch zusammenzustellen. Gar nicht so einfach, wie sich herausgestellt hat, denn eins ist sicher: die Spiele lassen sich definitiv nicht danach einordnen, ob sie in Europa oder Amerika entstanden sind.

Ameristyle

Zu definieren, was „typisch Ameristyle“ ist, ist definitiv eine Herausforderung und gar nicht so leicht. Man könnte es vielleicht so versuchen: eigentlich ist das Spielprinzip oftmals gar nicht so schwierig, aber dank Sonderregeln für unzählige Optionen, die während des Spielens auftreten können, hat die Anleitung dann doch gerne mal 60 Seiten. Aber wenn man die einmal durchgeackert hat und sich ins Abenteuer stürzt, dann eröffnen sich unglaubliche Spielwelten, die man fast physisch nachempfinden kann. Denn Spiele dieses Genres legen häufig einen großen Fokus auf das Thema und sind dadurch oft storylastig, wobei dramatische, fantastische, wortgewaltige, düstere Heldenstorys weit häufiger im Fokus stehen als alltägliche Themen.

Ameristyle Spiele werden oft auch als „Ameritrash“ oder „Amitrash“ bezeichnet. Die genaue Herkunft dieser Begriffe ist nicht bekannt, sie sind aber mindestens seit dem Jahr 2000 im Umlauf. Die Art von Spiel, die sie beschreiben, hat viel Spielerinteraktion, aber auch hohe Glückskomponenten (Stichwort Würfel!). Dazu kommen große Schachteln, die beeindruckendes Material, zum Beispiel Miniaturen oder eben – ja, ihr ahnt es – Würfel, beinhalten. Kinder- und Familienspiele sind in diesem Genre eher selten zu finden, dafür umso mehr Kenner- und vor allem Expertenspiele. BoardGameGeek nutzt die Begriffe „Ameristyle“, „Ameritrash“ oder „Amitrash“ nicht, aber Spiele, die als „Thematic Games“ (Thematische Spiele) eingestuft sind, passen häufig in diese Kategorie. (Nichtsdestotrotz gibt es im BoardGameGeek Wiki eine Seite zu Ameritrash.) Aber es gibt noch viel mehr Merkmale, die auf Ameristyle Spiele passen. Schauen wir uns einfach mal ein paar Beispiele an.

Black Rose Wars Spielsituation
Black Rose Wars Spielsituation

Typisch für das Genre ist etwa das Expertenspiel Black Rose Wars (auch wenn hier Siegpunkte gesammelt werden, was eher unüblich ist, aber dazu kommen wir später). In dem Fantasy-Spiel tretet ihr als Magi (Magier*innen) um die Vorherrschaft der legendären Zauberakademie Black Rose an. Dazu schlüpft ihr in die Rolle von einer von vier Figuren, die neben individuellen Charaktertableaus jeweils eine eigene Miniatur mit sich bringen. Das Erste, was bei einem Blick in die große Schachtel auffällt: Die Menge an Spielmaterial. Denn nicht nur die Magi sind detaillierte Miniaturen, sondern 30 weitere Figuren unterstützen das Spiel visuell und machen es (an)fassbar. Außerdem sind fast 500 Karten, eine 40 Seiten dicke Anleitung und noch viel viel mehr Material enthalten. In dem kompetitiven Fantasy-Spiel, das mit Deck Building- und Kampfelementen arbeitet und in einer Alternativversion der italienischen Renaissance angesiedelt ist, tretet ihr direkt im Kampf gegeneinander an. Übrigens: Dass ihr als Fraktionen oder Charaktere gegeneinander spielt, ist charakteristisch (;)) für dieses Genre – wie ihr auch am nächsten Beispiel sehen werdet.

In ein ähnlich düsteres Thema taucht ihr bei Tainted Grail ein. Das Überlebens- und Erkundungsspiel mischt Elemente der Artussage und der keltischen Mythologie zu einer eigenen Vision. Als einer von vier einzigartigen Charakteren bereist ihr die mystische Insel Avalon. Im Gegensatz zu Black Rose Wars seid ihr hier aber kooperativ unterwegs, ihr spielt also gemeinsam gegen das Spiel. Die Story wird vom fast 200 Seiten starken Buch der Entdeckungen erzählt und durch eure Entscheidungen beeinflusst. Immer wieder interagiert ihr auch mit Bewohnenden oder erkundet neue Orte, wofür ihr mithilfe von Karten eine Landkarte erweitert. Auch in der über vier Kilogramm schweren Schachtel von Tainted Grail findet ihr Miniaturen, Charaktertableaus, unzählige Karten und mehr. Außerdem werdet ihr im Spiel – ob ihr wollt oder nicht – auf ein weiteres, „klassisches Ameristyle“ Merkmal stoßen: Glück. Natürlich bestimmen eure Entscheidungen den Fortgang der Story und ihr seid somit irgendwie auch die Schmied*innen eures Glücks, aber an vielen Stellen könnt ihr einfach nicht beeinflussen, ob hinter der nächsten Ecke nur ein verängstigtes Wildschwein oder doch ein Erzdruide lauert. Und manchmal hilft – wie im echten Leben – einfach nur eins: Weglaufen! Wenn ihr jetzt mehr über Tainted Grail wissen wollt, dann schaut in das Interview, das wir mit dem zuständigen Redakteur, Martin, geführt haben.

Kemet – Blut und Sand Miniaturen
Kemet – Blut und Sand Miniaturen

In Kemet – Blut und Sand sammelt ihr zwar wie auch schon bei Black Rose Wars Siegpunkte und die Anleitung ist mit zwölf Seiten fast schon blasphemisch kurz, aber sonst liefert das Expertenspiel alles, was zu einem klassischen Ameristyle-Spiel gehört: jede Menge Material, 76 Miniaturen, eine Einteilung in Fraktionen und ein Thema, das sich nicht ersetzen ließe. Glaube, Magie und der ewige Krieg – damit bekommt ihr es im alten Ägypten, das von mächtigen Göttern regiert wird, zu tun. Ihr schlüpft in die Rollen dieser Götter und versucht, eure Feinde zu besiegen und zum alleinigen Herrscher bzw. zur alleinigen Herrscherin von Kemet zu werden. Interaktion gibt es dabei reichlich, schließlich sind Kämpfe untereinander ein zentrales Element im Spiel! Eher untypisch für Ameristyle-Spiele ist aber – und das trifft auch auf Black Rose Wars und Tainted Grail zu – dass es im Spiel keinerlei Würfel gibt. Wenn ihr mehr über die niemals zu unterschätzende Bedeutung von Würfeln für Brettspiele wissen wollt, dann schaut euch unbedingt das absolut lohnenswerte, unterhaltsame und inzwischen mehrere Millionen Male angeklickte Video „ameritrash vs euro games“ von ProZD an.

Doch nun genug von dem „Amitrash“ (tatsächlich stammt keines der drei genannten Spiele aus der Feder eines amerikanischen Autors. Alle drei Spiele wurden von europäischen Autoren designt). Schreiten wir voran und schauen uns die Eurogames genauer an.

 

Eurogames

Viel Story, atmosphärische Themen, viele Materialien, besonders Miniaturen, eine große Portion Glück und das Schlüpfen in Charaktere oder Fraktionen, die oftmals gegeneinander antreten, also viel Interaktion, sind also „typische“ Merkmale von Ameristyle-Spielen. Aber wie sieht es jetzt mit den sogenannten Eurogames aus? Gibt es auch für sie klassische Merkmale oder ist einfach alles, was nicht Ameristyle ist automatisch Eurogames? Nein, das würde dem Genre wohl nicht gerecht werden, nicht nur weil viele der „klassischen Eurogames“ von namenhaften Autoren wie Stefan Feld, Uwe Rosenberg uvm. stammen, sondern auch weil die meisten Ameristyle Charakteristika mit dem Wörtchen „viel“ beginnen und einfach zu sagen, dass Eurogames wenig von all dem genannten hat trifft definitiv nicht zu.

Fangen wir beispielsweise beim Thema an. Gut, zugegeben, heroische und bis ins Detail ausgearbeitete Fantasyepen findet man in Eurogames sicherlich etwas seltener, aber mit etwas mehr Vorstellungskraft fürs Detail könnt ihr auch mit ihnen unglaubliche Abenteuer erleben … vorzugsweise als König eines mittelalterlichen Reiches, einer mittelalterlichen Stadt, einer mittelalterlichen Burg, Hauptsache Mittelalter – das behaupten zumindest böse Zungen. Und in der Tat ist an dieser Unterstellung was dran. Wenn ihr mehr über eure Optionen als mittelalterliche Herrscher*innen oder generell über Mittelalter in Brettspielen wissen wollt, dann solltet ihr euch unseren gleichnamigen Blogbeitrag nicht entgehen lassen.

Bevor wir nochmal auf die Bedeutung des Themas bei Eurogames zurückkommen geht es hier erstmal weiter mit den Hauptcharakteristika von Eurogames, über die es bei BoardGameGeek ebenfalls einen Wikieintrag gibt. Darüber hinaus findet ihr Spiele dieses Genres vor allem bei den „Strategy Games“. Einige der bekanntesten europäischen Autoren haben wir ja schon genannt. Auffällig ist dabei, dass viele von ihnen, vor allem viele, die das Genre mitgeprägt haben, wie Klaus Teuber oder Wolfgang Kramer, Deutsche sind. Dementsprechend werden Eurogames vor allem im englischsprachigen Raum auch oft als German-style board games, bezeichnet. Natürlich bestätigen auch hier zahlreiche Ausnahmen die Regel, aber Die Siedler von Catan und die Kramerleiste, die den meisten unter euch wohl eher als Siegpunkteleiste bekannt ist, haben das Genre maßgeblich mitgeprägt. Ein aktuelles Beispiel mit dieser seit Mitte der 80er-Jahre beliebten Option, Siegpunkte abzuzählen, findet ihr in Renature, das Wolfgang Kramer zusammen mit Michael Kiesling designt hat.

Welche Charakteristika gibt es an „typischen Eurogames“ noch zu beobachten? Die Boxen sind in der Regel kleiner, was nicht unbedingt an bedeutend weniger, sondern vor allem an andersartigen, eher funktionalen Materialien liegt, oft aus Holz und Pappe anstatt aus Plastik. Nicht selten erwarten euch zahlreiche Tableaus und in jede Menge Tütchen verpackte Marker, Karten und vieles mehr. Hohe Spielerinteraktion und Glückskomponenten spielen in diesem Genre – meistens – keine allzu große Rolle. Stattdessen sammelt ihr durch strategische Entscheidungen Siegpunkte. Dabei gibt es oft viele unterschiedliche Strategien und Wege, die zum Ziel führen können. Viele Eurogames haben außerdem ein feststehendes Ende, zum Beispiel nach einer bestimmten Rundenanzahl oder wenn eine bestimmte Anzahl von Spielenden etwas bestimmtes, etwa eine gewisse Punktzahl, erreicht hat. Außerdem spielen alle Spielenden hier bis zum Ende mit, niemand wird also vorher schon eliminiert. Und wie sieht das jetzt in der Praxis aus?

Spielgruppe spielt Carnegie
Carnegie Spielsituation

Im interaktiven Managementspiel Carnegie müsst ihr wohlüberlegt in Immobilien, Industrie und Transportwesen investieren, um euer Unternehmen auszubauen. Nach genau 20 Runden, in denen ihr je einen Spielzug macht, gewinnt, wer durch das Ansammeln von Reichtum, aber auch durch großzügige Spenden die meisten Siegpunkte ansammeln konnte. Glücksfaktoren gibt es dabei praktisch keine. Thematisch ist das Spiel von Andrew Carnegie (1835-1919) inspiriert, einem wichtigen Akteur in der US-Stahlindustrie, der auch selbst eine Vielzahl von sozialen Projekten unterstützte. Obwohl er sogar als Namensgeber für das Expertenspiel dient, ließen sich die Mechaniken des Spiels auch mit einem anderen Thema umsetzen. Dennoch haben sich der Autor Xavier Georges und die betreuenden Redakteur*innen viele Gedanken über die thematische Einbindung gemacht und viele historische Aspekte spielmechanisch umgesetzt, weshalb ihr am Spieltisch auf gewisse Weise tatsächlich in die Rolle von Carnegie schlüpfen könnt.

Auch im Expertenspiel Skymines steht euch nur eine begrenzte Anzahl an Aktionen pro Runde zur Verfügung, sodass strategisches Vorausplanen unabdingbar ist. Als Investor*innen versucht ihr durch geschicktes Handeln, die meisten CrypCoin zu verdienen. Um die Zahl eurer eigenen Anteile zu steigern, investiert ihr Ressourcen in unterschiedliche Unternehmen und um den Wert eurer Anteile zu vergrößern, breitet ihr Außenposten auf dem Mond aus. Neuste Forschungsergebnisse können euch dabei helfen, aber nur wenn ihr entsprechende Pläne erwerbt und deren Bedingungen erfüllt. Wie ihr vielleicht schon rausgehört habt, ist das Spiel thematisch im Weltall angesetzt. Weltall- und Sci-Fi-Thematiken sind eigentlich typisch für Ameristyle Spiele, aber durch die Mechaniken des Spiels lässt es sich trotzdem eindeutig als Eurogame einordnen – typisch für Autor Alexander Pfister, der hier unterstützt wurde durch Viktor Kobilke.

Dorfromantik – Das Brettspiel Spielmaterial
Spielmaterialien aus Dorfromantik – Das Brettspiel

Natürlich dreht sich aber nicht alles nur um Expertenspiele; Eurogame-Aspekte lassen sich auch in sehr vielen Kinder-, Familien- und Kennerspielen finden. Zum Beispiel in dem Aufbau- und Puzzlespiel Dorfromantik – Das Brettspiel, das auf dem gleichnamigen Videospiel von Toukana Interactive basiert. Kooperativ legt ihr hier sechseckige Plättchen aus und an, um dadurch verschiedene Aufträge zu erfüllen. Das Thema könnte bei dieser Mechanik wohl so ziemlich alles sein – vom Tierpark bis zum Weltall. Und dennoch ist es für ein rundum stimmiges Spielerlebnis wichtig, das richtige Thema zu finden, das die Mechaniken unterstreicht und gleichzeitig Spaß macht. In diesem Fall geht es um verschiedene Landschaften. Je passender ihr Wälder, Felder, Flüsse, Gleise und Dörfer aneinanderlegt, desto mehr Punkte erhaltet ihr. Übrigens: Dorfromantik – Das Brettspiel arbeitet dabei mit einem neuartigen Mechanismus, so dass ihr nicht nur eure eigenen Highscores knacken könnt, sondern durch erzielte Punkte auch Zugang zu neuen Plättchen erhaltet. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Beispiele, etwa das Kennerspiel First Rat, ein Laufspiel, bei dem ihr Rattenfamilien spielt, die Siegpunkte sammeln, indem sie Raketen bauen und zum Käsemond fliegen.

Ihr seht also, viele Eurogames kommen ganz wunderbar ohne das Mittelalterthema aus und sind trotzdem relativ eindeutig diesem Genre zuzuordnen. Für Mittelalterfans, die an dieser Stelle enttäuscht sind, dass wir kein Mittelalterbeispiel gewählt haben, hier noch eine fast ganz klassische Mittelalter-Eurogames-Empfehlung: die Hansa Teutonica Big Box, in der ihr Kaufleute zu Zeiten der Hanse verkörpert.

 

Keines davon oder beides?

War’s das? Eurogames oder Ameristyle, entscheidet euch? Zurecht werden jetzt einige von euch denken, dass da draußen noch viel mehr Spiele existieren, die in keine der beiden Kategorien so richtig passen, die also Aspekte beider Genres vermischen. Und natürlich lässt sich keine klare Linie zwischen Ameristyle und Eurogames ziehen: Gerade in den letzten Jahren verschwimmen die Grenzen immer mehr, etwa durch internationalen Austausch und internationale Plattformen (die bekannteste ist dabei sicherlich BoardGameGeek). Auch Plattformen wie Kickstarter tragen dazu bei. Dort finden sich häufig Spiele, die früher klar als Eurogames eingeordnet worden wären, aber durch neue Finanzierungsmöglichkeiten auf Wunsch der Spiele-Community eine umfangreiche Ausstattung mit besonderem Spielmaterial erhalten. So ein Beispiel ist etwa Everdell mit dem aufstellbaren Immerbaum, den detaillierten Arbeiterfiguren und den geformten Beeren, Zweigen, Kieseln und Harzbrocken. Im Herz ein sehr gutes Worker Placement Spiel mit Set Collection Elementen, entfaltet es seinen vollen Reiz doch erst durch die wunderschönen atmosphärischen Illustrationen und die haptischen, immersiven Spielmaterialien durch die man sich förmlich in das friedliche Tal hineingesogen fühlt.

Auch unser intergalaktisches Actionspielspiel Spaceship Unity ist so ein Sonderfall. Zwar ist es ein Familienspiel und auch das vergleichsweise schlichte Material (die fast drei Kilogramm Spielgewicht kommen vor allem von den fünf enthaltenen Büchern und über 300 Karten) deutet auf ein Eurogame hin, gleichzeitig lebt das Spiel aber von der Spielerinteraktion und der Story: In eurer Wohnung, die zum Raumschiff wird, spielt ihr eine fortlaufende Geschichte, die von euren Entscheidungen und eurem Erfolg in den einzelnen Abschnitten abhängt. In ihrem Designer Diary berichten die beiden Autoren Jens Merkl und Ulrich Blum alles über die Entstehungsgeschichte des außergewöhnlichen Spiels. Ebenfalls im Weltall angesetzt und nicht klar einzuordnen: Eclipse – Das zweite galaktische Zeitalter. Das Expertenspiel aus Finnland wirkt auf den ersten Blick wie ein typisches Ameristyle-Spiel: Minis, jede Menge Material, das Weltall-Thema. Die Spielenden können auf mehreren Ebenen miteinander interagieren, auch in direktem Konflikt – müssen sie aber nicht. Um zu gewinnen, gilt es strategisch zu denken und auch mal diplomatisch zu handeln. Nach der achten Runde gewinnt, wer durch Siege in Kämpfen, Diplomatie, die Kontrolle über Sektoren und Monolithe, Entdeckungen und technologische Fortschritte die meisten Punkte sammeln konnte. Ihr seht: auch hier sind Merkmale beider Genres vermischt.

Everdell Spielszene in der Natur
Everdell Spielszene

Und diese Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen, schließlich haben beide Genres ihren Reiz und es liegt nahe, dass sich Autor*innen die für ihr Spiel besten Aspekte zu einem einzigartigen Spielerlebnis vereinen. Schließlich darf man nicht vergessen, dass die Unterscheidung in Eurogames und Ameristyle Spiele nur ein Versuch ist, bereits vorhandene Spiele zu klassifizieren und kein Schema, an das sich neue Titel halten müssen. Ganz im Gegenteil, wir alle lieben doch neue, innovative, noch nie dagewesene Ideen, oder? :)

 

Weit über die Grenzen hinaus

Bei all dem Fokus auf Eurogames und Ameristyle dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass die Welt der Brettspiele unglaublich groß ist – BoardGameGeek kennt weit über 100.000 Spiele und es werden jedes Jahr mehr. Darunter gibt es natürlich auch sehr viele Spiele, die sich schlicht keinem der beiden Genres zuordnen lassen. So zum Beispiel Krimispiele, die in den letzten Jahren immer populärer geworden sind. In Detective etwa, das 2019 zum Kennerspiel des Jahres nominiert war, werdet ihr zu Ermittler*innen und müsst fünf mysteriöse Fälle lösen – dazu nutzt ihr das Spielmaterial, aber auch das Internet. Oder die Fälle der Funspiel-Reihe ChronoCops, die etwas weniger düster sind, obwohl eure Aufgabe nichts geringeres ist als die Welt zu retten. Inspiriert von Point-and-Click-Videospielen reist ihr durch Zeit und Raum und erkundet verschiedene Zeitlinien, die sich erst nach und nach öffnen, wenn ihr Rätsel erfolgreich löst.

Aber auch Geschicklichkeitsspiele wie die Klassiker Mikado und Jenga oder der Gewinner des innoSPIELs 2019,  Ghost Adventure, sind weder Ameristyle-Spiele noch Eurogames. Daneben gibt es natürlich noch viele weitere Arten von Spielen, die nicht in diese Genres passen: Wortspiele, reine Kommunikationsspiele, Rätselspiele, Partyspiele … Ihr wisst, was wir meinen. :)

Lasst uns also festhalten: Es gibt einige Merkmale, die auf Ameristyle-Spiele hinweisen und wieder andere, die als „typisch für Eurogames“ gelten. Letztendlich gibt es aber nicht nur schwarz oder weiß, sondern unendlich viele Graustufen. Das Ganze ist also eher ein Farbspektrum und die Frage stellt sich, ob die Begriffe überhaupt noch aktuell und sinnvoll sind. Genauso wenig lässt sich sagen, was denn jetzt besser ist – das hängt natürlich in erster Linie davon ab, was euch beim Spielen wichtig ist oder worauf ihr in einer bestimmten Spielrunde oder Stimmung gerade Lust habt. Einen Sieger im Fall von Eurogames vs. Ameristyle gibt es also nicht wirklich und wir finden, das ist auch gar nicht schlimm.

 

Ihr habt Fragen, Anmerkungen oder Anregungen? Oder ihr habt Vorschläge, welches Thema wir uns in Zukunft unbedingt mal näher anschauen sollten? Wir freuen uns auf eure E-Mail an blog@pegasus.de.